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Wie unpassend, diesen Planeten Erde zu nennen,
wenn er doch ganz klar ein Ozean ist. Arthur C. Clarke

Parlamentarisches Frühstück in Berlin am 30. März 2023

Schwedens zukünftige Rolle in der NATO

Die Deutsche Maritime Akademie (DMA), eine hundertprozentige Tochter des Deutschen Marinebundes, hatte am 30. März 2023 zum Frühstück ins Hopfingerbräu Berlin geladen. Der Stiftungsvorstand der DMA, vertreten durch den Vorsitzenden, Staatssekretär a.D. Heinz Maurus, und dessen Stellvertreter, Ministerialdirigent a.D. Karl-Dietrich Haase, hieß den Botschafter Schwedens, S.E. Per Thöresson, herzlich willkommen. Dessen brandaktuelles Thema „Schwedens zukünftige Rolle in der NATO“ sorgte dafür, dass der Saal bis auf den letzten Platz gefüllt war.

Während nebenan vor dem Brandenburger Tor die Absperrungen des Vortages vom Staatsbesuch des britischen Königs Charles III. weggeräumt wurden, fand sich die maritime Gemeinschaft aus Parlamentariern, Rüstung, Bundeswehr und maritimen Experten zum gemeinsamen Arbeitsfrühstück ein. Begrüßt wurden zahlreiche Abgeordnete des Deutschen Bundestages, u.a. Markus Grübel und Ingo Gädechens, die ehemaligen Wehrbeauftragten Reinhold Robbe und Hans-Peter Bartels, der Befehlshaber der Flotte, Vizeadmiral Frank Lenski, sowie der Botschafter Mexikos, S.E. Francisco José Quiroga Fernandes.

Als Schirmherr fungierte Dr. Kristian Klinck (MdB/SPD) aus dem Wahlkreis Plön-Neumünster, Mitglied im Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages, der nach der Einführung durch Karl-Dietrich Haase ein Grußwort an das Plenum richtete. Klinck betonte sehr deutlich, dass der Beitritt Schwedens und Finnlands eine Stärkung des nordatlantischen Bündnisses sei. Er appellierte an Ungarn und die Türkei, den Vertrag, der bereits von 28 Mitgliedstaaten ratifiziert worden sei, schnellstmöglich abzusegnen (Anmerkung der Redaktion: Beide Länder haben den Beitritt Finnlands inzwischen ratifiziert. Finnland wurde am 4. April 2023 NATO-Miglied.). Der Vortrag des Botschafters handelte wie erwartet von der aktuellen sicherheitspolitischen Lage in Europa, dem Beitritt Schwedens zur NATO und der Stimmung dort. Doch zunächst warf er einen kurzen Blick zurück. Ähnlich wie bei uns in Deutschland wurde in Schweden nach dem Ende der Sowjetunion vor allem bei der Verteidigung gespart. Dies untermauerte der Botschafter mit beeindruckenden Zahlen. Auch die Wehrpflicht wurde ausgesetzt.

Unter dem Eindruck des völkerrechtswidrigen russischen Einmarschs in die Ukraine haben nun Schweden und Finnland nach langen Jahren der Neutralität Mitte letzten Jahres offiziell den Antrag für eine NATO-Mitgliedschaft eingereicht. Alle 30 NATO-Mitgliedsländer haben diesen Antrag unterschrieben, sodass einer schnellen Aufnahme der Skandinavier nichts im Wege zu stehen schien. Hier machte Botschafter Thöresson deutlich, dass sowohl Schweden als auch Finnland seit Jahren schon eng mit der NATO zusammenarbeiteten. Es wäre deshalb besser, wenn man davon spräche, dass die beiden skandinavischen Länder bündnisfrei waren.

Wohl mehr aus innenpolitischen Gründen und der anstehenden Wahl als aus sachlichen Erwägungen blockiert die Türkei allerdings nach Zwischenfällen in Stockholm (Koranverbrennung) die Ratifizierung des Vertrages. Schweden, so der türkische Präsident Erdogan, unternehme zu wenig gegen terroristische Vereinigungen, nannte vor allem die kurdische Arbeiterpartei PKK eine „Terrororganisation“ und verlangte die Auslieferung von Verdächtigen. Per Thöresson räumte ein, dass Schweden hier schon seit Längerem einen Handlungsbedarf sah. Die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung sei in Schweden kein Straftatbestand gewesen. Dagegen habe in Schweden Meinungsfreiheit nun mal einen äußerst hohen Stellenwert. Die Gesetze zur Terrorismusbekämpfung seien inzwischen verschärft worden, das jetzige Entgegenkommen gelistet in einem trilateralen Vertrag zwischen Finnland, Schweden und der Türkei sei deshalb keinesfalls als ein Einknicken zu verstehen, schloss Thöresson dieses Kapitel.

Das schwedische Parlament hat sich vor Kurzem mit deutlicher Mehrheit für einen Beitritt des Landes zur NATO ausgesprochen. 269 der 349 Abgeordneten stimmten mit Ja, 37 mit Nein. Von acht Parteien im Reichstag waren nur die Linken und die Grünen im Reichstag dagegen. Aber nicht nur die Volksvertreter votierten für den NATO-Beitritt. Thöresson berichtete über die große Zustimmung des schwedischen Volkes. „Bei Umfragen sprachen sich mehr als 70 % der Schweden für den Anschluss an das Bündnis, zum Aufwuchs der Streitkräfte und zur Steigerung der Rüstungsausgaben aus. Schweden“, so der Botschafter weiter, „wird die Anzahl des Personals in den Streitkräften mehr als verdoppeln und hat das 2 %-Ziel der NATO im Blick.“ In einer Vorausschau zeigte sich Thöresson vorsichtig optimistisch, dass nach Finnland auch Schweden wohl noch im Sommer dieses Jahres Teil des westlichen Bündnisses werden könne. Ziel sei es nun, nach Möglichkeit noch vor dem NATO-Gipfel im Juli im litauischen Vilnius Mitglied der nordatlantischen Allianz zu werden.

Thöresson betonte am Ende seiner Rede das wichtige und enge Verhältnis Schwedens zu Finnland und die Bedeutung der Zusammenarbeit mit der Deutschen Marine in der Ostsee. Hier sieht er Schweden und Deutschland zukünftig als wesentliche Sicherheitsgaranten.

Unterstützt wurde die Veranstaltung durch Saab Deutschland. Die kurze, aber interessante Veranstaltung endete mit einem humorvollen Schlusswort von MdB Ingo Gädechens, der noch einmal die engen Beziehungen Deutschlands zu Schweden unterstrich.


Veröffentlicht in Leinen los! 05/2023